Forschungsgeschichte / Hulumtime

Frühere Forschungen

Die früheste Erwähnung der Ruinenstätte verdanken wir Johann Georg von Hahn, der sie um 1850 aufsuchte (Hahn 1854, 120 f.). Einen ersten Plan der Anlage publizierte Camillo Praschniker, der im Juni 1916 in Zgërdhesh war (Praschniker/Schober 1919, 29 Abb. 40). Aufgrund der starken Vegetationsbedeckung – Praschniker spricht von „allerdichtestem Buschurwald“ – ist dieser Plan allerdings sehr ungenau und nur eingeschränkt nutzbar. Es dauerte anschließend noch über ein halbes Jahrhundert, ehe zum ersten Mal der Spaten angesetzt wurde: Die bisher einzigen Grabungen fanden 1969 und 1973 unter der Leitung von Selim Islami statt (Islami 1971, 1972). Begleitend wurden Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen durchgeführt, die in unregelmäßigen Abständen bis in die Gegenwart fortdauern, zuletzt 2007/2008 (Papajani 1977; Bejko et al. 2007). 2011 wurden an zwei kleinen Testflächen geomagnetische Prospektionen von der Römisch-Germanischen Kommission des DAI vorgenommen, die jedoch keine nennenswerten Erkenntnisse lieferten (Bunguri et al. 2011). Die Stätte ist touristisch unerschlossen. In den meisten Überblicken zur Archäologie Albaniens wird sie allenfalls kurz gewürdigt (Koch 1989, 134 ff.; Cabanes 2008, 278 ff.; Ceka 2013, 170 f.; Zindel et al. 2018, 485 ff.; Wodtke 2019, 28 ff.).

Identifizierung mit Albanopolis

Als Erster hat J.G. von Hahn vorgeschlagen, den Platz mit dem bei Ptolemaios (Geogr. III 13, 23) überlieferten Albanopolis, dem Vorort der Albanoi in der römischen Provinz Macedonia, zu identifizieren (v. Hahn 1865, 14). Viele sind ihm darin gefolgt (daher wird die Ruinenstätte auf den meisten Landkarten als Albanopolis bezeichnet), andere nicht (z.B. Cabanes/Drini 2016, 303). Die Identifizierung bleibt umstritten, weil unabhängige Quellen (z. B. Inschriften) fehlen.

Planerfassung der sichtbaren Baustrukturen

Grundlage für die Beurteilung der baulichen Strukturen in Zgërdhesh ist immer noch der während der Grabungen S. Islamis erstellte Plan (Islami 1971, 25 Abb. 2). Später ist dieser Plan nur noch einmal grob modifiziert worden (Cabanes 2008, 278 Abb. 2, unter Weglassung der Binnenstrukturen). Aus heute kaum mehr nachvollziehbaren Gründen sind jedoch zahlreiche Baustrukturen – auch größere – nicht in den Plan aufgenommen worden. So fehlen etwa der auffällige „Trapezbau“ im Zentrum der Anlage, die „Exedra“ und einige Abschnitte der Felstreppen. Eine Kartierung der zahlreichen „Negativstrukturen“ ist gar nicht erfolgt. Eine Neuvermessung der erhaltenen antiken Bausubstanz erschien daher als besonders dringendes Desiderat. 2017 wurden diese Arbeiten im Rahmen unseres Projektes in Angriff genommen und 2018-2019 fortgesetzt.

Fundbearbeitung Die Funde der Grabungen 1969 und 1973 sind größtenteils unveröffentlicht. Sie werden im Depot des Instituts für Archäologie in Tirana aufbewahrt. Ebenfalls als nicht bearbeitet müssen die heute im Museum Krujë aufbewahrten Funde gelten, die vor dem Beginn der Ausgrabungen überwiegend im Vorfeld der Stadt entdeckt wurden, etwa der marmorne Torso einer Artemis, ein steinerner Löwenkopf-Wasserspeier sowie ein „illyrischer“ Helm. Vorgelegt sind lediglich die Münzen – immerhin 220 Exemplare (Islami 1975) – sowie die Beigaben der spätantiken (s. o.) Bestattungen intra muros (Karaiskaj 1977/78). Eine Neubewertung der Funde aus diesem Gräberfeld erfolgte jüngst – vor Beginn unseres Forschungsprojektes – durch S. Veseli (Veseli 2017).

Forscherpersönlichkeiten in Zgërdhesh


Johann Georg von Hahn (1811-1869)
Deutsch-österreichischer Balkanforscher und Diplomat. 1847-1851 k.k. Vizekonsul in Janina (Ioannina). Besuchte „Scurtésche“ – wie er Zgërdhesh nennt – im Rahmen seiner Forschungsreisen. Gilt als Entdecker der antiken Stätte.  Abbildung: Wikipedia.

Camillo Praschniker (1884-1949)
Österreichischer Archäologe. Besuchte die Ruinenstätte von „Zgorzeš“ während einer längeren Forschungsreise im Juni 1916. In seinem Bericht ist eine kurze Beschreibung der Ruinen samt Plan der sichtbaren Mauerüberreste enthalten. Foto: ÖAI Wien.

Selim Islami (1923-2001)
Albanischer Archäologe. Leiter der Grabungen in Zgërdhesh 1969 bis 1973. Verfasste mehrere, bis heute maßgebliche Vorberichte über seine Forschungen und publizierte einen Katalog der Fundmünzen. Foto: S. Islami, Historia e ilireve (Tirane 2008).